Schwer wiegt der Präsentkorb, den mir der Telekom-Techniker überreicht. „Ich möchte mich nochmals ausdrücklich im Namen unserer Firma und von 1&1 für alles entschuldigen“, sagt er, während ich das Geschenk auspacke. „Uns ist vollkommen unerklärlich, wie das passieren konnte. In jedem Fall habe ich Ihre Telefonstörung jetzt natürlich behoben, und nebenbei noch inoffiziell Ihre Bandbreite verdoppelt, aber sagen Sie’s nicht weiter.“ Ich nicke ungläubig und bestaune die Geschenke, die 1&1 uns als Entschädigung hat zukommen lassen. Zwei Smartphones mit Gratis-Vertrag, eine große Sektflasche, sowie eine Einladung für ein Wochenende zum 1&1-Firmensitz in Montabaur. „Ach ja, und hier haben Sie noch meine Karte. Wenn es wieder irgendwelche Probleme geben sollte, rufen Sie mich bitte direkt an.“
Dann wache ich auf.
Ich musste der Realität ins Auge blicken. Ich hatte schriftlich eine Frist bis zum 23. Januar gesetzt, mit der Aufforderung, mir nach vier geplatzten Terminen nicht noch einen weiteren Standard-Termin anzubieten, zu dem niemand kommt — und 1&1 hat in diesem Zeitraum rein gar nichts getan, außer mir einen weiteren Standard-Termin anzubieten, zu dem niemand kam.
Am 22. Januar rief 1&1 morgens noch einmal an. Eine Hotline-Mitarbeiterin war am Apparat. Ohne mir die Gründe für das erneute Ausbleiben des Technikers zu nennen, wollte sie einen neuen Termin vereinbaren. Ich erkläre ihr höflich die gesamte Vorgeschichte in wenigen Worten. Vor allem aber sage ich, dass ich eigentlich seit meinem Beschwerdebrief darauf warte, dass sich sich 1&1 endlich ernsthaft der Sache annimmt, dass die Angelegenheit eskaliert wird, dass sich endlich jemand bei mir meldet, der mit dieser Situation wirklich umgehen kann. Es sei dringend, denn morgen laufe die Frist ab, die ich 1&1 schriftlich in einem Einschreiben gesetzt hatte. Sie sagt, dass sie sich unter diesen Umständen die Sache erstmal genauer ansehen muss, und legt auf.
Nachdem den ganzen Tag keine Rückmeldung kam, rief ich am 23. Januar, dem letzten Tag der gesetzten Frist, noch einmal bei der 1&1-Hotline an. Dieses Mal musste ich zunächst meine Kundennummer eintippen, was bisher nicht notwendig war. Ich erklärte dann dem Hotline-Mitarbeiter, dass mein Anschluss seit dem 7. Dezember 2012, also seit fast sieben Wochen gestört ist. Ich kann fast hören, wie sich seine Augenbrauen staunend heben — und er fängt an, mich zu fragen, mit welchem Betriebssystem wir zu Hause unterwegs sind, welchen Router wir verwenden, weil es manchmal vorkommt, dass… Ich unterbreche höflich und sage, dass schon fünf Termine vereinbart wurden und ich eigentlich anrufe um zu fragen, ob sich da irgendjemand vielleicht nochmal drum kümmern möchte. An dieser Stelle entdeckte er tatsächlich meine gesamte Störungshistorie im System — was nicht gleich offensichtlich war, weil das Ticket nämlich in der Zwischenzeit geschlossen worden ist. Er öffnete es wieder und leitet mich unter diesen Umständen direkt weiter in die Technik-Abteilung.
Dort weiß man von der Sache schon. Jeder geplatzte Termin, jeder Anruf, mein Beschwerdebrief, alles ist vorhanden im System. Der Mitarbeiter versteht meinen Ärger, und ruft erstmal bei der Telekom an, bzw. bei der Technikfirma (ich weiß ja bis heute nicht, ob das jetzt wirklich die Deutsche Telekom ist oder irgendein beauftragtes Unternehmen). Die Firma, nennen wir sie halt einfach Telekom, kann keinen Grund für das fünfte Ausbleiben des Technikers nennen, bestätigt aber, dass in der Tat kein Techniker da war. Der nächste mögliche Termin wäre dann am Freitag, 25. Januar, in den Zeiträumen 8-14 Uhr oder 14-20 Uhr.
Meine Geduld ist vorbei. Ich sage sehr deutlich, dass Frist genau heute abläuft, dass ich nur eine Winzigkeit davor bin, vom Vertrag mit sofortiger Wirkung zurückzutreten, und dass ich mir nur noch eine einzige Möglichkeit vorstellen kann, wie man mich davon abhalten kann: ich bestehe darauf, einen festen Techniker-Termin zu bekommen, und zwar um Punkt 19:00 am Folgetag, oder sofort mit einem Vorgesetzten zu sprechen.
Der Mann leitet mich „direkt an die Entstörungsstelle“ weiter, und während ich noch rätsele, welche Stelle denn dann das gerade eben war, ist auch schon der nächste Mitarbeiter dran. Er weiß ebenfalls schon von allen Aspekten meines Problems, aber er macht deutlich, dass 1&1 wirklich absolut keine andere Möglichkeit hat, als einen weiteren Standard-Termin zu vereinbaren.
Ich sage klar heraus, dass ich das für eine Lüge halte. Ich weiß natürlich nicht, welche Art von Vertrag oder Service Level Agreement oder sonstige Vereinbarung 1&1 mit der Telekom hat, aber das könne einfach nicht so unterirdisch schlecht sein, dass diese mich fünfmal versetzen können, ohne irgendwelche Konsequenzen von 1&1 befürchten zu müssen. Wenn alle Telekom-Techniker, die für 1&1 arbeiten, ab sofort einfach nicht mehr arbeiten würden, würde 1&1 dann auch sagen, dass man „da leider nichts machen könne“?
Und überhaupt ist ein weiterer Termin überhaupt nicht zielführend, weil absolut rein gar nichts darauf hindeutet, dass ein Techniker beim sechsten Termin vorbeikommt. Die Störung kann auf diese Weise einfach nicht mehr behoben werden. Das Problem liegt irgendwo innerhalb von 1&1, ich habe darauf keinerlei Einfluss, und es ist die verdammte Aufgabe von 1&1 jetzt endlich mal etwas für mich zu tun.
Denn unterm Strich hat 1&1 für mich bisher wirklich exakt rein gar nichts getan: Sie muten mir weiterhin stundenlanges Warten für einen offensichtlich erfolglosen Entstörungsprozess zu. Sie haben das Problem nicht eskaliert. Sie haben mir keine Kontaktdaten eines Technikers oder sonst irgendwem bei der Telekom gegeben. Sie haben mir keine Ersatzmöglichkeiten, etwa eine SIM-Karte, angeboten. Sie haben eine versprochene Gutschrift für Dezember nicht angerechnet, und damit ihre eigene Entstörungsgarantie verletzt. Bis heute haben sie mir nichts zu den beantragten Gutschriften und den eingereichten Rechnungen mitgeteilt, oder sonst irgendwelche Kulanzleistungen gewährt.
Vor allem aber hat sich bis heute bei mir kein einziger 1&1-Mitarbeiter auch nur ein einziges Mal entschuldigt.
Den letzten Punkt schreie ich fast ins Telefon. Der Mitarbeiter nimmt alle Argumente höflich auf. Er sagt, dass er meinen Ärger gut verstehen kann. Und dass er leider überhaupt nichts machen kann. Ein neuer Techniker-Termin müsse her. Ich lehne ab und sage, dass ich den Vertrag dann nur noch mit sofortiger Wirkung für beendet erklären kann, keinen einzigen Cent mehr zahlen werde und als Kunde dann für immer weg von 1&1 bin.
Der Hotline-Mitarbeiter möchte von mir lediglich noch einmal ausdrücklich die Bestätigung, dass ich nicht zu einem weiteren Termin bereit bin. Das bin ich nicht und lege auf. Nach insgesamt 35 Minuten endet das Telefonat vollkommen ergebnislos.
Am 28. Januar schicke ich ein Einschreiben ab, in dem nach Punkt 2.3 der AGB mit sofortiger Wirkung vom Telefonvertrag zurücktrete. Ich schildere noch einmal die gesamte Geschichte und zähle noch einmal alle Punkte auf, die zum Rücktritt geführt haben.
Außerdem reiche ich noch einmal Rechnungen für die weiteren notwendig gewordenen Hotline-Telefonate und UMTS-Flatrates ein. Insgesamt fordere ich gut 100 Euro Schadensersatz. (Zufälligerweise hatte das BGH nur wenige Tage vorher entschieden, dass bei Internetausfall auch ohne Nachweis eines konkreten Schadens Anspruch auf Schadensersatz besteht, und hat einem Betroffenen 50 Euro pro Tag zugebilligt.)
Das Schreiben endet mit den Worten:
Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass ich es völlig unfassbar finde, wie ein Unternehmen, dass so offensiv mit der Service-Qualität wirbt, einen zahlenden Kunden dermaßen im Stich lassen kann. Ich war vor dem 07.12.2012 immer sehr zufrieden mit 1&1, fühlte mich gut über alles informiert und war gern Ihr Kunde. Ich war daher auch länger als üblich bereit, nachsichtig mit Ihren Techniker-Problemen umzugehen. Aber nach fünf geplatzten Terminen ist es einfach nur noch eine Frechheit, dass Sie sich weigern, auch nur einen Millimeter von Ihrer üblichen Service- und Entstörungsroutine abzuweichen. Die Unfähigkeit der von Ihnen beauftragten Technik-Firma kann keine Entschuldigung sein, mir einen solchen miserablen Kundenservice anzubieten. Das Vertrauensverhältnis zu 1&1 ist nach 52 Tagen ohne Internet und Telefon, nach 12 Telefonaten mit der Störungshotline, nach einem Beschwerdebrief und insgesamt 32 Stunden vergeblichem Warten zu Hause nicht mehr vorhanden.
Sie können sich darauf verlassen, dass ich alles mir Mögliche unternehmen werde, um diesen Vorgang publik zu machen. Dazu muss ich noch nicht einmal übertreiben – ein bloße Schilderung des Vorgangs reicht aus.
Fortsetzung folgt…